Berichte schreiben in der Jugendhilfe – Last oder Chance?

Im Rahmen einer Hilfe zur Erziehung werden durch das Jugendamt regelmäßig Entwicklungsberichte eingefordert. Ein solcher Bericht kann einerseits den Informationsaustausch über den Verlauf der Hilfe der an einem Fall beteiligten Personen fördern, zum anderen soll er den Prozess und die Umsetzung der zuvor definierten Aufträge und Ziele beschreiben.

Auf dieser Grundlage können Hilfemaßnahmen angemessen eingeschätzt und falls nötig effektiv angepasst werden. Berichte sind besonders wichtig, auch für weitere professionelle Entscheidungen. Insofern ist es unabdingbar, dass Berichte klar und nachvollziehbar, neutral, zielgerichtet und begründet angefertigt werden, um der Verantwortung gegenüber den Familien und den zukünftigen Hilfen, die aus Steuergeldern finanziert werden, gerecht zu werden.
Zweifelsohne erfordert das Verfassen von Entwicklungsberichten solide Fachkenntnisse, differenzierte Beobachtungen und klare Vorstellungen darüber, auf welche Einzelheiten es ankommen könnte. Das Schreiben an sich kann als »Schlüsselqualifikation« betrachtet werden, die deutlich über den Erfolg bzw. Misserfolg sozialer Maßnahmen mitentscheidet. Viele Schreiber*innen sind sich ihrer Verantwortung bewusst, für manche ist das Schreiben eines Berichtes jedoch ein lästiges Übel, etwas, das ihnen schwerfällt oder sie rasch hinter sich bringen wollen. Erleichternd kann dann z.B. eine gemeinsame Berichtserstellung mit dem Klientensystem sein. Das fördert nicht nur die Transparenz der Hilfemaßnahme, es bezieht die Hilfesuchenden auch aktiv in den Prozess mit ein.

Transparenz in der Jugendhilfe bedeutet zudem, dass für den Leser des Berichtes deutlich wird, was genau beobachtet wurde und auf welcher Grundlage die Maßnahmen durch die eingesetzte Fachkraft auswählt wurden. Einen Zusammenhang herstellen, z.B. zwischen dem Einsatz einer Methode, einem Ereignis oder einer Beobachtung, die eine Veränderung herbeigeführt haben könnte, macht einen Bericht qualitativ hochwertig. Dann sind auch mögliche Schlussfolgerungen, fachgerechte Hypothesen und daraus resultierende Empfehlungen für den Leser nachvollziehbar und verständlich. Der/die Schreibende hat eher selten den Auftrag, zu bewerten oder eine Stellungnahme abzugeben. Auch in den Richtlinien der Hilfeplanung ist von Beschreibung die Rede. Ein Bericht, der vorrangig auf eine Problembeschreibung reduziert ist, erfüllt die genannten Kriterien nicht. Und das Bilden von Kategorien wie normal, gut, oft etc. sollte ohnehin unterlassen werden.

Doch was könnte noch helfen und dem/der Schreibenden die Berichtserstellung erleichtern? Die beobachteten Verhaltensweisen, Fortschritte und Zusammenhänge sachlich beschreiben, Vermutungen und Hypothesen als solche benennen, ggf. den Konjunktiv verwenden, wertfrei und prägnant formulieren und vor allem konkret auf die Ziele des Hilfeplans eingehen, können hilfreiche Anhaltspunkte für eine gelingende Berichtserstellung sein. Zudem könnte im Nachgang geprüft werden, ob die dargelegten Inhalte im Verlaufsbericht wichtig und relevant für den Hilfeverlauf, auch mit Blick auf die Ziele sind und ob die schriftliche Dokumentation so gestaltet wurde, dass die Informationen von allen Empfängern richtig verstanden werden.
Hilfe zur Erziehung kann nur wirksam sein, wenn ihr Bedarf individuell und sorgfältig geklärt ist. Hier liegt auch die Chance eines gelungenen Verlaufsberichtes. Mit einem Bericht, in dem alle Fortschritte der Hilfesuchenden und die fachliche Reflexion der Fördermaßnahmen sachgerecht festgehalten werden, kann die Wirksamkeit der individuellen Hilfeerbringung nachhaltig gewährleistet werden und birgt die Chance, den Blick über die eigene Kirchturmspitze hinaus zu schärfen.
Andrea Wilms
Fachberatung und Koordination ambulante Hilfe & HzE in KiTa

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